Das Filzen von gestrickten Stücken in der Waschmaschine ist eine faszinierend einfache Technik, die vor allem für Strick-Anfänger geeignet ist. Fehler oder Unebenheiten im Gestrick werden durch das Filzen „weggezaubert“. Da ich immer mal nach meinen Erfahrungen gefragt werde, habe ich diese hier zusammengefasst.
Etwas Theorie vorab
Im Internet findet man viele Artikel zum Filzen, ich verweise hier mal auf diesen, der auch Aussagen zum unterschiedlichen Filzverhalten verschiedener Wollsorten macht. Aus dem Artikel stammt auch das folgende Zitat:
Unter dem Filzprozeß versteht man „… die durch Bearbeitung von losem Fasergut, durch Reibung, Stoß und Druck unter Mitwirkung von Feuchtigkeit und Wärme vor sich gehende innige Verbindung des Fasermaterials zu einem dichten und haltbaren Stoff.“ (Arnold, 1926)
Diese Definition ist zwar alt, gibt aber gut wieder, welche Faktoren beim Filzen die ausschlaggebende Wirkung erzeugen. Der Filzvorgang selbst benötigt außer der Wolle Wasser, Wärme und Bewegung in Form von leichtem Drücken, später Reiben und zum Schluß ein festes Kneten. Dieses Kneten nennt man auch Walken, wodurch ein dichter und fester Stoff, der Filz, entsteht
Damit ist eigentlich alles gesagt – zum Filzen ist Wärme und Bewegung und Wasser erforderlich. All das bietet eine Waschmaschine, ergo nutze man sie zum Filzen!
Material
Geeignet ist jede Wolle, auf deren Banderole so etwas wie „Handwäsche“ steht. Findet man auf der Banderole Hinweise wie“garantiert filzfrei“oder „superwash“, dann ist das Garn nicht geeignet. Im Zweifel gilt: probieren.
Ein geringer Anteil an Kunstfasern macht u.U nichts aus, so habe ich schöne Ergebnisse mit Mohairgarn erzielt, das über einen Kunstanteil verfügt. Aber gerade bei der Verwendung neuer Garne, mit denen man noch nicht gearbeitet hat gilt, das absolut Allerwichtigste beim Filzen ist:
Die Filzprobe
Jeder Stricker hasst sie. Keiner macht sie gern, die Maschenprobe. Für die Filzerei geht es aber wirklich nicht ohne akribische Filzprobe, wenn man Wert darauf legt, ein Strickstück einer bestimmten Form oder Größe zu erreichen. Meine ersten gestrickten Filzlatschen habe ich auch nach der Devise „wird schon passen“ gestrickt. Sie passten auch, allerdings nicht mir sondern meiner 3jährigen Nichte.
Beim Filzen schrumpft das Strickstück unterschiedlich in Länge und Breite. Das ist bei jedem Garn anders. Sogar das Garn gleicher Zusammensetzung in einer anderen Farbe kann anders filzen.
Besonders vorsichtig muss man mit Mixgestricken aus unterschiedlichen Garnen sein.
Also, es hilft nichts, man muss eine Filzprobe machen. Dazu stricke man ein Rechteck aus mindestens 25 Maschen und 30-40 Reihen. Dann markiere man mit einem kontrastfarbigen Zwirnsfaden eine bestimmte Maschen – und Reihenzahl und ich empfehle, diese Zahlen unbedingt aufzuschreiben. Nach dem Waschen kann man keine Maschen mehr erkennen, aber anhand der Zwirnfädchen kann man gut ausmessen.
—Ein aktuelles Bild kommt in den nächsten Tagen wieder hierher —-
Im wunderschönen Buch „Felted knits“ steht explizit, dass man mit einem der in Deutschland üblichen Frontlader-Waschmaschinen definitiv nicht filzen könne. Zum Glück habe ich diesen Satz erst gelesen, als ich es shcon besser wusste – es geht.
Meiner Erfahrung nach braucht es zwei Durchgänge, meist einen bei 40° und einen bei 60°. Um die Waschmaschine zu schonen, kann man das Filzstrickwerk in einen alten Kissenbezug stecken. Dann verteilen sich nicht so viele Fusseln in der Maschine.
Ich nehme immer etwas normales Vollwaschmittel dazu, solches, auf dem steht „nicht für Wolle oder Seide“.
Und dann ist es noch wichtig, für Bewegung in der Waschtrommel zu sorgen. Ideal sind Jeans, Handtücher sind zu weich, die bereiten dem Strickstück nicht genügend „Stress“ während des Waschgangs. Ideal ist auch, ein bis zwei Tennisbälle oder diese Waschpulverkapseln beizulegen.
Nach dem ersten Waschgang betrachte man das Werk – wenn man noch einzelne Maschen der Strickerei erkennen kann, dann sollte man nochmal Filzen.
Nach dem Waschgang
Aus der Maschine komme ein verknittertes formloses ETWAS, das nun unbedingt in Form gezogen und gezupft werden muss, bevor es trocknet. Ein Hut muss unbedingt auf einem Kunstkopf (notfalls halt auch auf einem Natur-Kopf) trocknen, damit er die notwendige Form bekommt. Es ist erstaunlich, viel viel man noch an der Grße verändern kann durch kräftiges Ziehen und Zerren. Taschen trocknen am besten mit Übertöpfen oder Kartons, die man in Plastiktüten steckt.
Insgesamt kann ich diese Technik nur empfehlen, es macht Spaß. Und vor allem Anfänger können hervorragende Ergebnisse erzielen. Man sollte zuerst eine Tasche stricken und auf die Filzerfahrung anderer zurückgreifen (so spart man sich die lästige Filzprobe).
Die Pflege gefilzter Objekte ist denkbar einfach: ab in die Waschmaschine, dort waren sie ja schließlich auch schon mal!